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Magazin «36 km»: Nächster Halt, Limmatstadt!

Die Gründung der Limmatstadt AG vor zehn Jahren ist eng mit der Limmattalbahn verbunden. Auf einer Tramfahrt zeigt die Geschäftsführerin Jasmina Ritz, was sich in dieser Zeit in der Region getan hat und was die regionale Standortförderung noch bewirken kann.

Text: Gabriela Dettwiler, Fotos: Christian Meixner

Als Jasmina Ritz die Limmatstadt AG mitgründete, gab es die Limmattalbahn erst auf Plänen. «Wir wussten, dass mit dem Tram nicht nur Dynamik ins Limmattal kommen würde, sondern auch ein verbindendes Element für eine ganze Region. Dies war der richtige Zeitpunkt, um über Gemeinde- und sogar Kantonsgrenzen hinweg eine gemeinsame Standortförderung aufzubauen.» Nun, zehn Jahre nach der Gründung der Limmatstadt AG, nimmt die Geschäftsführerin uns mit auf ihre Fahrt von Schlieren nach Killwangen. Dabei schaut sie auf eine buchstäblich bewegende Zeit zurück und wagt Blicke in die Zukunft der Region.

Unsere Tramfahrt startet an der Haltestelle Wagonsfabrik in Schlieren. Seit vier Jahren hat die Limmatstadt ihr Büro im JED. «Ich liebe Orte wie diesen, wo Neues aus Altem entsteht», beginnt Jasmina Ritz zu erzählen. «Dieses riesige Gebäude diente bis 2015 dem Druck der NZZ. Heute arbeiten hier mehrere hundert Menschen, treffen sich zu Veranstaltungen in der Event-Halle, zum Zmittag im Eve’s Kitchen oder zum Klettern in der Boulder-Halle.»

Jasmina Ritz hat als Geschäftsführerin der Limmatstadt zu fast jedem Ort im Tal eine Anekdote bereit.

Wir fahren die Zürcherstrasse entlang, vorbei am Schlieremer Stadtplatz. Laut Jasmina Ritz zeigt das Reitmen-Quartier exemplarisch, wie sich das Limmattal in den vergangenen Jahren gewandelt hat: «Bis vor wenigen Jahren bestand das Quartier aus riesigen Flächen für den Handel mit Occasionsautos. Jetzt ist Reitmen ein familienfreundliches Wohnquartier mit einem eigenen Schulhaus.» Die Limmattalbahn biegt in den einzigen Tunnel auf ihrer 13 Kilometer langen Strecke ein und fährt am Spital Limmattal vorbei zur Urdorfer Kantiallee. Dass man eine Gemeindegrenze überquert, merkt man nur anhand der Namen auf der Anzeige. Wir steigen ein erstes Mal aus.

Die Stadt im Dorf

«Urdorf-Nord ist ein spannendes Entwicklungsgebiet. Hier wird sich einiges verändern», erklärt Jasmina Ritz. Wir laufen an der Grossbaustelle für die Erweiterung der Kantonsschule Limmattal vorbei. «Ab August 2024 sollen die zwei Neubauten genügend Platz für die wachsende Zahl an Kantonsschülerinnen und -schüler bieten.» Wir biegen in das Luberzenareal ab. Es ist eine von vielen Zwischennutzungen im Limmattal. «Nichts symbolisiert Stadtwerdung für mich so sehr wie das Konzept der Zwischennutzung», so Jasmina Ritz. Auf dem Kiesplatz befinden sich verschiedene Streetfood-Wagen, Tische und Bänke laden zum Verweilen ein, eine Bühne steht für Konzerte bereit. «Das Tram fährt heute mitten durch Urdorf-Nord, was eine plötzliche Power auslöste.» Laut Vision der Gemeinde soll eine «Stadt im Dorf» mit attraktiven Arbeitsplätzen und viel neuem – auch bezahlbarem – Wohnraum entstehen. «Im Wandel wie diesem wollen wir Chancen für die Bevölkerung aufzeigen. Viele sehen uns als reine Wirtschaftsorganisation, doch das stimmt nicht. Wir hatten schon immer einen stark gesellschaftlichen Fokus.»

Lebendiger Raum für Mensch und Natur

Schon fährt die nächste Limmattalbahn vor und wir führen unsere Reise Richtung Aargau fort. Nach wenigen Minuten erreichen wir Dietikon. Hier öffnet sich der Blick auf die Limmat. Heute fristet sie mancherorts fast ein Schattendasein, nicht zuletzt aufgrund der raren Querverbindungen. Dazu kommen historische Gründe. Aus Angst vor Überschwemmungen hat man den Fluss begradigt und abgeschirmt. «Dabei ist die Limmat eine wahre Naturperle, die man noch viel besser erschliessen sollte. Heute will man sie wieder ‹befreien›.» Mit dem Projekt «Lebendige Limmat» will der Kanton Zürich den Fluss zwischen Schlieren, Oberengstringen und Unterengstringen verbreitern und renaturieren. Jasmina Ritz freut sich über diese Pläne: «Dadurch entsteht auch mehr Freiraum für die Menschen im Limmattal.»

Ab Sommer 2024 bietet die Erweiterung der Kantonsschule Limmattal Platz für die wachsende Zahl an Schülerinnen und Schüler.

Wir erreichen den Bahnhof Dietikon, eine der meistgenutzten Haltestellen der Limmattalbahn. «Gleich hinter dem Bahnhof befindet sich mit dem Gleis 21 ein grossartiges Kulturhaus, das Besucherinnen und Besucher aus dem ganzen Limmattal nach Dietikon lockt.» Es sind die Menschen, die für Jasmina Ritz die Region ausmachen. «Im Sommer werden neben dem Bahnhof auch wieder Gummiboot-Touristinnen und -Touristen landen. Das Limmattal lebt und die Menschen verbringen ihre Freizeit gerne hier.»

Zukunftsmusik im Niderfeld

Die Limmattalbahn schlängelt sich weiter durch das Zentrum der Bezirkshauptstadt. Bei der Station Maienweg steigen wir aus. Wir sind die Einzigen. «Noch liegt die Haltestelle im Nirgendwo», beginnt Jasmina Ritz zu erklären. «Hier soll ab 2027 ein Quartier mit einem Stadtpark, Schulhaus, Wohnraum für rund 3000 Menschen und Arbeitsplätzen entstehen.» Wir spazieren Richtung Spreitenbach – links und rechts etwas Ackerland, in der Ferne sieht man Occasionshändler und einige Schrebergärten. Bei der Planung der Limmattalbahn wurde der neue Dietiker Stadtteil bereits bedacht. Die Haltestelle Niderfeld, an der wir nun vorbeigehen, wurde erst im März 2024 in Betrieb genommen. Der Grund: weitere Zwischennutzungen.

Im April noch eine Baustelle, ab Juni 2024 Spielort des Wasserspektakels von Karl’s kühne Gassenschau.

Ab Juni gastiert hier Karl’s kühne Gassenschau mit ihrem Wasserspektakel «Reception» für zwei Saisons. Zuschauerinnen und Zuschauer können bequem mit dem Tram anreisen. Die Tribüne ist fast fertig gebaut, die Arbeiten für die Umgebungsgestaltung sind in vollem Gang. Auf der anderen Seite der Haltestelle stehen die Büro-Container für die Planung der nächsten Zwischennutzung bereit: Die Wissenserlebniswelt «Phänomena» soll 2026 im Niderfeld stattfinden – «eine einmalige Chance für die Region, sich als Gastgeberin zu zeigen!»

Verbindungen in der Region schaffen

Zu Fuss überqueren wir die Kantonsgrenze und steigen bei der Spreitenbacher Haltestelle Kreuzäcker in die nächste Bahn. «Durch die Stadtbahn entstehen viele neue Verbindungen», erzählt die Geschäftsführerin. «Es ist für Spreitenbacher oder Urdorferinnen viel attraktiver geworden, die Stadtfeste von Dietikon oder Schlieren zu besuchen – und umgekehrt.» In diesem Aspekt vereinen sich die Ziele von Limmattalbahn und Limmatstadt AG: «Wir wollen innere Verbindungen in der Region schaffen.»


«Wir nehmen Themen aus der lokalen Perspektive und bringen sie auf eine regionale Flughöhe.»


Die Limmatstadt bedient drei Zielgruppen: Bevölkerung, Wirtschaft und Politik. «Wenn es der Region gut geht und sie positiv wahrgenommen wird, dient das allen.» Die Dienstleistungen der Limmatstadt AG beschreibt Ritz als viele kleine Puzzleteile, die ein grosses Ganzes ergeben. Da wären Angebote wie das vorliegende Magazin, der wöchentliche Kulturnewsletter oder die Event-Agenda für die Bevölkerung, der tägliche Wirtschaftsnewsletter Punkt4, Mitgliedschaften und Netzwerkpflege für die Wirtschaft und schliesslich die Leistungsvereinbarungen mit den Limmattaler Gemeinden. «Eine Politikerin sagte einmal: ‹Die Limmatstadt hilft, den Blick immer wieder zu heben.› Dieses Bild gefällt mir sehr gut: Wir nehmen Themen aus der lokalen Perspektive und bringen sie auf eine regionale Flughöhe.»

Endstation in Killwangen?

Auf unserer linken Seite zieht das Shoppi Tivoli vorbei und wir kommen zur Umweltarena. «Gleich hier ist auch das Office LAB Limmatstadt – der schweizweit grösste Coworking Space, nicht zuletzt wegen des Tram-Anschlusses.» In Killwangen, beim Prellbock der Limmattalbahn, endet schliesslich unsere Reise. War nicht auch für die Standortförderung Limmatstadt in Killwangen Schluss? «Symbolisch gesprochen sind wir nach Killwangen und Neuenhof bis heute nicht weiter vorgedrungen: weder bis Wettingen noch Baden.» Das habe sicher auch etwas mit der Limmattalbahn zu tun. «Das Tram bringt alle näher zusammen. Das Aargauer Limmattal ist vielleicht noch etwas weiter weg.»

Auch wenn die beiden Gemeinden keine Leistungsvereinbarungen mit der Limmatstadt haben, so treten ihr immer mehr Members aus der Aargauer Wirtschaft bei. «Mit der Kurtheater-Direktorin Lara Albanesi konnten wir zudem eine Verwaltungsrätin aus Baden für die Limmatstadt gewinnen. Sie sieht die Region als gemeinsamen Erlebnisraum. Wir sind also auf einem guten Weg», so Jasmina Ritz. Und auch für die Limmattalbahn ist in Killwangen vielleicht zukünftig noch nicht Endstation. Dereinst könnte sie das gesamte Tal entlang der Limmat verbinden und bis nach Baden führen.