Wie geht es mit der Limmatstadt AG weiter? Nachdem es nicht gelungen war, die Kräfte für eine gemeinsame regionale Standortförderung zu bündeln, stellte die Limmatstadt an ihrer GV im März die Existenzfrage. Vier Limmattaler Persönlichkeiten zeigten an einem Zukunftspodium Richtungen auf.
Interview: David Egger, Chefredaktor Limmattaler Zeitung; Text: Jasmin Vogel, Fotos: Maria Mykhailenko
Die regionale Standortförderung im Limmattal kostet. Man könnte auch sagen, es braucht Raum für mehr Geld. Was muss getan werden, damit sie weiterbestehen kann?
Sandra Rottensteiner, Gemeindepräsidentin Urdorf: Mit der Zürcher Planungsgruppe Limmattal haben wir uns intensiv darüber ausgetauscht, ob eine regionale Standortförderung überhaupt sinnvoll ist. Wir sind gemeinsam zum Schluss gekommen, dass wir sie definitiv brauchen und alles daransetzen werden, dass die Limmatstadt AG bestehen bleibt. Urdorf ist bereit, den heutigen Beitrag an die Limmatstadt zu verdoppeln.
Letztlich müssen sich alle Akteurinnen und Akteure entscheiden, wie viel ihnen die Leistungen der Limmatstadt wert sind und dann entsprechend handeln. Wahrscheinlich braucht das etwas Zeit. Gerade deswegen sollten wir uns nicht abhängig davon machen, ob die eher zögerlichen Gemeinden im Aargau sofort mitmachen, sondern uns finanziell so aufstellen, dass wir weiter gestalten und kommunizieren können. In dieser Überbrückungsphase kann die Limmatstadt neue Leistungspakete schnüren und diese der Wirtschaft, den Gemeinden und Städten anbieten.
Josef Bütler, Verwaltungsrat Limmatstadt AG: Es braucht noch mehr Überzeugungskraft von unserer Seite. Aber wir vernehmen auch jetzt schon von Vertreterinnen und Vertretern aus dem Aargau grosses Bedauern, falls unsere Anstrengungen nicht fruchten sollten. Schliesslich sind die Gemeinden Spreitenbach, Bergdietikon, Killwangen, Neuenhof und vor der Fusion mit Baden auch Turgi bei uns angeschlossen. Wir sind zuversichtlich, dass es im 2025 weitergeht.
Die Limmatstadt ist ein Gemeinschaftswerk. Wir spüren aktuell viel Unterstützung vonseiten der Politik. Und bekanntlich: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Intern sind wir gefordert, offensive, neue Denkweisen zu entwickeln und offen für einen Plan B zu sein – vielleicht kennen wir die Lösung noch gar nicht.
Auch die Wirtschaft profitiert von einer Standortförderung, aber bisher haben wir wenig von den Wirtschaftsverbänden gehört. Ist die Wirtschaft bereit, mehr zu bezahlen?
Patrick Stäuble, Geschäftsführer Shoppi Tivoli: Aus der Wirtschaft fliesst Geld, wenn sie weiss, was sie dafür bekommt. In der Politik ist das etwas anders. Für uns vom Shoppi Tivoli hat das Versprechen der Limmatstadt gestimmt, deswegen sind wir eingestiegen. Wir wollen das Limmattal in seiner ganzen Vielfalt zeigen, und in den Fokus rücken, was hier kulturell läuft, dass man hier baut, wohnt und arbeitet. Für uns muss das ein überregionales Thema sein. Wenn Grenzen wieder verstärkt gezogen werden und die Limmatstadt zu einem Zürcher Projekt wird, dann wollen wir kein Geld nach Zürich schicken. Nur wenn die Standortförderung ein Gefäss bleibt, das über die Kantonsgrenzen hinausgeht, sind wir bereit, dafür einen Beitrag zu leisten.
«Wir wollen das Limmattal in seiner ganzen Vielfalt zeigen.»
Patrick Stäuble
Albert Schweizer, Standortförderer Stadt Schlieren: Es besteht ein grosses Potenzial bei bisher noch unvernetzten Firmen im Limmattal: Rund 4000 KMU haben sich hier niedergelassen, davon sind nur rund 30 Prozent Mitglied im Gewerbe- oder Wirtschaftsverband. Auch bei den neu angesiedelten Firmen stellen wir fest, dass sie oft noch nicht so gut vernetzt sind. Wenn davon nur rund 300 in den nächsten neun Monaten Members der Limmatstadt werden, dann bin ich sehr zuversichtlich für das Geschäftsjahr 2025.
Anita Martinecz Fehér, Projektleiterin Kantonale Standortförderung Zürich: Im Kanton Zürich gibt es mit Ausnahme der Flughafenregion keine Region, in der sich die Wirtschaft so aktiv in der Standortförderung beteiligt. Standortförderungsorganisationen werden in der Regel von den Gemeinden initiiert und getragen. Die bestehenden Organisationen können auf eine langjährige Geschichte aufbauen. Grundvoraussetzung ist der politische Wille der Gemeinden, danach kann der Dialog mit der Wirtschaft stattfinden. Was die Basisfinanzierung einer Standortförderung anbelangt, bestehen seitens Kanton sehr beschränkte Möglichkeiten. Bei herausragenden, breit abgestützten Grossprojekten bestehen gewisse Chancen für einen zusätzlichen finanziellen Beitrag.
Wieso braucht es überhaupt eine regionale Standortförderung im Limmattal?
Anita Martinecz Fehér: Eine Organisation allein kann die vielen Aufgaben der Standortförderung gar nicht wahrnehmen. Es braucht verschiedene Glieder, beziehungsweise Organisation in der Dienstleistungskette. Interessentinnen und Interessenten, die sich beispielsweise hier ansiedeln wollen, werden in der Regel initial über unsere international tätige Partnerorganisation betreut, erst danach kommen wir vom Kanton und die Regionen zum Zug. Die regionale Standortförderung übernimmt eine wichtige Netzwerkfunktion und zeichnet sich durch ihre Nähe zu den Unternehmungen aus.
Albert Schweizer: In der kommunalen Standortförderung sind wir Einzelgänger, aber eigentlich kommen unsere Gemeinden und Städte erst richtig in Fahrt, wenn es eine Gemeinschaft gibt. Die Dachmarkenpflege würde unseren Rahmen sprengen. Dank der Limmatstadt können wir uns voll und ganz auf unsere eigene Stadt fokussieren. Darum sind wir von der Stadt Schlieren seit 2014 enorm glücklich mit und dankbar für die Leistungen der Limmatstadt.
Sandra Rottensteiner: Dem kann ich mich nur anschliessen. Die Limmatstadt ist eine grosse Entlastung für unsere kommunale Standortförderung, indem sie uns in Gremien und bei Anlässen vertritt. Sie hat eine starke Marke kreiert, ausgestaltet und kommuniziert. Mit ihren Plattformen wie dem «punkt4»-Newsletter oder «36 km» hat sie die Sichtbarkeit der Region erhöht. Für uns ist das ein echter Mehrwert.
Patrick Stäuble: Aus wirtschaftlicher Sicht sind wir sehr zufrieden mit dem, was die Limmatstadt in den letzten zehn Jahren in der Region geleistet hat. Es ist nicht zuletzt ihrem Einsatz zu verdanken, dass die Limmattalbahn nun bis nach Spreitenbach fährt. Das Shoppi Tivoli profitiert sehr davon, das belegen unsere Zahlen. Letztes Jahr haben 20 000 Menschen in einer Spanne von drei Wochen den Shoppi-Eingang bei der Tramhaltestelle benutzt. Dieses Jahr sind es fast doppelt so viele.
Vervollständigen Sie den folgenden Satz: Ich glaube an die Zukunft der Limmatstadt, weil ...
Josef Bütler: ... ein solides Fundament vorhanden ist und ich eine gute Energie spüre.
Patrick Stäuble: ... sie kantonsübergreifend ist und es Vielfalt gibt.
Albert Schweizer: ... es im Tal so viele coole Firmen und Menschen gibt, die etwas miteinander bewirken wollen.
Anita Martinecz Fehér: ... es spürbar ist, dass verschiedene Stimmen und Organisationen miteinander reden, Werte entwickeln und gemeinsam eine tolle, prosperierende Region schaffen wollen.
Sandra Rottensteiner: ... sie einen Mehrwert für Unternehmungen, Bevölkerung, Gemeinden und einen Zukunftsstandort bietet.