Die internationale Forschungsgruppe unter der Leitung der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) hat sich für ihre seit 2003 laufenden Studien den Pfynwald im Kanton Wallis ausgesucht. Der Klimawandel führt im Wallis zu mehr Trockenheit. Deshalb sterben seit etwa zwei Jahrzehnten viele Bäume, teilweise sogar grossflächig. Untersucht wurde konkret das Wachstum der Waldföhren. In Teilen des Waldes wurde seit 2003 bewässert, in Nachbarparzellen nicht, um die unterschiedlichen Auswirkungen zu beobachten. Dann wurde auf bislang bewässerten Parzellen das Wasser abgedreht und die Reaktion der Waldföhren darauf observiert.
Das Ergebnis überraschte laut Medienmitteilungder WSL die Forschendengruppe. Ihr Fazit: Bäume vergessen nicht. In den Jahren der Bewässerung entwickelten die Föhren dichtere Kronen, dickere Stämme und längere Nadeln. Nach Absetzen der Wasserzufuhr wurden die Nadeln kürzer, die neu austreibenden Äste allerdings blieben zunächst auf dem Bewässerungsniveau und wurden erst in Folgejahren kürzer. Die Expertengruppe wertet das als Hinweis auf einen sogenannten Legacy-Effekt, also eine Hinterlassenschaft. Darunter versteht man verzögerte Wachstumsreaktionen, die nicht durch die aktuell herrschenden Bedingungen, sondern nur durch solche aus der Vergangenheit zu erklären sind.
Besonders interessant ist das Baumgedächtnis bei der Dicke des jährlichen Stammzuwachses. Die Jahreszuwächse – die sogenannten Jahresringe – in Holz und Rinde wurden bei nicht mehr bewässerten Bäumen nicht sofort kleiner, sondern blieben über Jahre deutlich breiter als vor dem Start der Bewässerung. Die wasserleitenden Elemente im Baumstamm sind etwa 50 Jahre aktiv. „Verkürzt kann man also sagen, dass Baumstrukturen, die bis vor 50 Jahren gebildet wurden, noch heute das Wachstum beeinflussen, weil sie Eigenschaften vergangener Jahre in die Gegenwart tragen“, heisst es in dem Bericht. Die ausgeprägte Trockenheit des Rekordsommers 2018 dürfte somit noch weitere Jahre ihren Schatten werfen. gba